Prunksitzung 2016 / Bericht KWZ

25.01.2016 18:27 von ITS-Schmidt

Herr Gscheidle ist zufrieden: Der Lurchi steppt

Kornwestheim Die Fasnetzunft feiert bei der Prunksitzung auch ihr 50-jähriges Bestehen. 

Darf man eigentlich in Zeiten wie diesen, in der die Welt aus dem Gleichgewicht zu geraten scheint, so gut gelaunt Fasching feiern? Man darf, stellt Zunftrat Markus Kämmle in seinem Prolog zur Prunksitzung klar:„Zwar gibt es immer wieder Sachen,die leider Gottes nicht zum Lachen,doch wer vernünftig und gescheitweiß, das zur echten Menschlichkeitauch der Humor und Spaß gehört.Und findet Geist und die Moral gestörtbei jenen, die blind miteinander streitenund anderen Elend und Not bereiten.Für Narren ist es blanker Hohnwird pure Machtgier als Religionder Weltverbesserung kaschiertund brutal Glaubenskrieg geführt.Wer sich fürs Narrenspiel entschieden,der strebt nach Frohsinn und nach Friedenund lädt die Narrenfreunde einmit ihm gemeinsam gut gelaunt zu sein.“ 

Und damit geht’s dann auch zur Sache: fünf Stunden Programm zum 50-jährigen Bestehen der Fasnetzunft. Der Martinisaal ist ausverkauft, und dass die Besucher bester Laune sind, beweisen sie schon allein durch ihre Kostümierung. Ein Frosch, Clowns, ein Schlagersänger, der sehr an Howard Carpendale erinnert, Hippies – und eine größere Gruppe von Nonnen und Mönchen, die geschlossen, mit gefalteten Händen und sehr ernsten Minen in den Saal einzieht. Unter den Kutten verbirgt sich die örtliche Prominenz – die drei Bürgermeister, eine Stadträtin, ein Vereinsvorsitzender samt Anhang.

Für die Formationen der Fasnetzunft ist die Prunksitzung im Martinisaal natürlich ein Heimspiel. Die Bambinis, Mini-Blitzer, weiß-blauen und blau-weißen Blitzer haben zum 50-jährigen einen Jubiläumsmarschtanz einstudiert mit allem, was dazugehört – mit Sprüngen, Drehungen und Spagat. Und das beherrschen natürlich auch die beiden Tanzmariechen Jana Abt und Adriana Bernhardt, die mit viel Beifall bedacht werden. Und alle, die auf der Bühne aktiv sind, bekommen den Jubiläumsorden der Fasnetzunft überreicht.

Die Kommunalpolitik nehmen Peter Kienzle als Bauer und Markus Kämmle als Siggi Sorglos traditionell aufs Korn. Und die Frau von der Kummernummer beginnt bitterböse: Die drei Bürgermeister bittet sie, die Plätze mit anderen Besuchern zu tauschen – ein Umsetzungsverfahren und damit eine Anspielung auf das Vorgehen der Stadt in der Obdachlosenunterkunft an der Aldinger Straße. „Wenn se net z’frieda sen, kennat se sich jo wieder zurückumsetza“, empfiehlt Siggi Sorglos den Herrschaften. „Aber passat se bloß uff: Net dass se nach der ganza Umsetzerei gar koin Platz me hen.“

Süffisant zieht Kämmle die Politik durch den Kakao. Alle rufen sie unter der Kummernummer an und fragen Siggi Sorglos um Rat – die Oberbürgermeisterin, die ins Dschungelcamp will und nach Mitstreitern sucht, die ihr den Titel als „Queen“ nicht streitig machen, der Baubürgermeister Daniel Güthler, der, weil die Stadtkasse leer ist, nichts zu tun hat. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Steffen Bilger hat die Kummernummer gewählt, weil in Berlin nichts mehr ist, wie es einmal war. Und natürlich sucht auch Finanzbürgermeister Dietmar Allgaier Rat bei Siggi Sorglos. Er befürchtet, dass Kornwestheim bald bei einem Schuldenberg von 120 Millionen Euro landet, wenn man die OB nicht stoppt. Und dann hat die Kummernummertante allerdings auch noch eine schlechte Nachricht für ihre Fans: „Ond hen ihr wieder einmal Kummer,gibt’s koin Anschluss unter Siggis Nummer.Ob sie wiederkommt, ich weiß es nicht,Sabbatjahre sind jetzt Pflicht.“ Siggi Sorglos macht Pause. 

Auch der „Bauer auf der Durchreise“ alias Peter Kienzle nimmt sich der örtlichen Themen an. Er prophezeit, dass mit der Sanierung der Gumpenbachbrücke mitnichten 2018 begonnen werde. Er habe Zauneidechsen dort gesichtet . . . Die Reglementierung der Bürgerfragen im Gemeinderat, die Verkehrsinsel an der alten B 27, die der Baubürgermeister für einen Kreisverkehr hält – der Bauer hat einen Blick dafür, was in Kornwestheim nicht alles rund läuft. Schade nur, dass die Büttenreden von Kämmle und Kienzle nicht überall auf Interesse stoßen. Im hinteren Bereich des Saals ist es sehr laut. 

Allerdings nicht so laut wie bei den Bruggaklopfer aus Neuhausen. Die Guggenmusiker bringen den Saal zum Kochen. Franz Auber und Hillu Stoll als Geselle und Lehrling aus dem Stuckateurhandwerk haben zunächst ein wenig Mühe, sich gegen den Pegel im Saal durchzusetzen. Als Hillu aber Nachhilfe in Albschwäbisch gibt, hören alle genau hin. Der Bann ist gebrochen. Die beiden gehören ebenso zu den Profis wie Marcus Neuweiler und Birgit Pfeiffer, die sich als Alois und Elsbeth Gscheidle über Castingshows lustig machen. Die Besucher im Martinisaal ziehen mit, und Alois ist zufrieden: „Da steppt der Lurchi.“ Die beiden wissen nicht nur durch Witz und Spontaneität zu überzeugen, sondern Birgit Pfeiffer auch durch die Fähigkeit, ein Weizenbierglas auf ex zu leeren.

Wie gesagt: Mit der Prunksitzung feiert die Fasnetzunft auch ihr 50-jähriges Bestehen. Und da gibt’s natürlich Geschenke: Vom Stadtverband für Sport und Kultur, dem die Fasnetzunft angehört, 150 Euro in 50-Cent-Stücken, und von der befreundeten Karnevalsgesellschaft aus Aachen-Brand eine riesengroße Printe und ein Bild fürs Vereinsheim. Und die Rheinländer, die sich früh morgens auf den Weg nach Kornwestheim gemacht haben, tragen mit Tanz und Gesang zur Prunksitzung bei. Das Gardeballett überrascht dabei sogar mit einem Tänzer. Gar nicht so unpraktisch: Jörg Wolski fällt die Aufgabe zu, seine Mittänzerin in die Höhe zu wirbeln. Kerstin Breuer singt vom „Stern, der deinen Namen trägt“. Und der ganze Saal grölt mit. Darauf ein dreifach: Narri, narro...!

 

KWZ/Werner Waldner 

Zurück